Glaube im Alltag – ein Dauerbrenner. In elf Jahren als Pastor wurde dieses Thema wohl am häufigsten gewünscht. Wie aber genau geht das eigentlich? Soll man den beruflichen Alltag ständig im Gebet verbringen? Oder geht es vielleicht nur um eine gute Tat pro Tag?
Alles eine Frage der Ethik?
Über lange Zeit wurde diese Frage wesentlich im ethischen Bereich fixiert. Als Christ lebt man, wenn man ehrlich ist, niemanden übervorteilt, friedlich lebt und vor allem körperliche Selbstbeherrschung praktiziert.
Ethische Normen wandeln sich aber mit der Zeit. Freilich bedeutet dies nicht, dass christliche Werte überholt würden. Es tauchen aber weitere, aktuellere Werte auf, die dann zu Konflikten führen können.
In jüngster Vergangenheit wurden beispielsweise Schöpfungsverantwortung, Authentizität und bedingungslose Annahme aller Kreatur als neue Wertvorstellungen erkannt. Letzteres steht nicht nur am Rande gegenüber einer strengen christlichen Sexualethik und führt zu hochemotionalen Diskussionen unter frommen Menschen. Schnell wird sich gegenseitig die Rechtgläubigkeit abgesprochen.
Man sieht schnell: Ethik alleine reicht lange nicht aus. Zwei gegenläufige, genuin christliche Wertvorstellungen – und damit verbundene Handlungen – können gleichzeitig Ausdruck des christlichen Glaubens im Alltag sein. Woran also orientieren?
Hilft intensive Frömmigkeit?
Hin und wieder begegnen mir Menschen, deren Glaube im Alltag vor frommen Handlungen nahezu strahlt. Zu jeder möglichen Situation werden die Hände gefaltet, es wird gebetet. Aus den Lautsprechern ertönt pausenlos und unüberhörbar christliche Musik. Irgendwo im Raum findet sich mindestens ein Abreißkalender mit Impulsen für den Tag und jede freie Minute wird mit Podcasts oder Predigten aus der frommen Szene gestaltet.
Grundsätzlich halte ich solche Gewohnheiten für gut und richtig. Ohne ein Gebet am Tag, ohne nur einen einzigen Bibelvers könnte ich wohl kaum lange überleben. Gebet ist nunmal mehr als einseitige Kommunikation, es ist der Ausdruck der bestehenden Beziehung zwischen mir und Jesus Christus. Bibelverse helfen mir, einen Fokus im Denken zu halten, mich immer wieder darauf zu konzentrieren, wer dieser Gott ist, mit dem ich unterwegs bin.
Frömmigkeit lässt sich aber nicht dauerhaft praktizieren. Selbst diejenigen, die jede Situation mit Bibelzitaten oder Sprüchen von Glaubenshelden füllen möchten, kommen regelmäßig an eine Grenze. Im Finale einer Europameisterschaft kann man ebensowenig zum Gebet innehalten, wie man es bei einem Raketenangriff in Israel tun kann. In beiden Situationen kommt es einzig darauf an, die Beine in die Hand zu nehmen.
Das Bewusstsein bringt weiter.
Gerade in emotional belasteten Situationen braucht es ein tiefliegendes Mindset, keine aufgestülpten Handlungen. Stellen wir uns einen waschechten, reizenden, ärgerlichen Konflikt im Alltag vor. Ethisch ist es vollkommen klar, man soll friedlich bleiben, den Feind gar lieben. Fromm ausgedrückt könnte man sogar sagen, eine Segnung des Gegenübers wäre der ideale Weg. Was wird aber passieren, wenn jemand mit hoch rotem Kopf und schnaubend wie ein Rind vor dir steht und du ihm die Hände auflegen willst?
Unsere Welt ist komplex und voller Überraschungen. In der Bibel finden wir vielfältige Handlungsmöglichkeiten, um Glaube im Alltag zu leben. Während es in einer Situation völlig normal war, dass Jesus ein abgeschlagenes Ohr wieder anklebte, galt in anderen Situationen die Ausrottung der feindlichen Kräfte als einzige Alternative. Während Paulus sich in manchen Situationen bereitwillig ins Gefängnis sperren lässt, verteidigt er sich in anderen vehement.
Jeden Moment mit Jesus erleben.
So verschieden Situationen aussehen können, so verschieden sieht auch unser Glaube im Alltag aus. Es gibt keinen exakten Plan, den man eins zu eins über das eigene Leben stülpen könnte. Christlicher Glaube ist dynamisch, lebt in der Beziehung zwischen Mensch und Gott. Diese Beziehung, diese Dynamik zu entdecken, verändert alles.
Paulus schrieb einmal: “Alles, was ihr sagt und tut, soll im Namen des Herrn Jesus geschehen.” (Kolosser 3,17) – Gemeint ist damit das Bewusstsein, dass man in keiner Sekunde des Lebens alleine ist. Als Christ ist Jesus dabei, immer. Je mehr ich ihn in meinem Leben wahrnehme, umso mehr kann ich mich auf seine Führung und Leitung in Sekundenbruchteilen verlassen.
Wenn mein Denken von der Beziehung zu Jesus gefüllt ist, werden selbst die größten Konflikte klein. Er gibt das nötige Zeug an die Hand, um sie auszuhalten.
Glaube im Alltag bezieht sich auch auf Profanes…
Es müssen unbedingt nicht immer nur konfliktreiche Momente unseres Alltags sein, in denen der Glaube Raum gewinnt. Christlicher Glaube umfasst den ganzen Menschen, immerzu. Nicht nur Gebet und Lobpreis, Bibellese oder Gottesdienstbesuch machen den Glauben aus. Auch Nächstenliebe und Feindesliebe, Verzicht oder jede andere ethische Ausdrucksweise lassen den Glauben im Ganzen erkennen.
Christlicher Glaube vollzieht sich auch in den einfachen Dingen des Lebens. Ein Moment am Lagerfeuer, ein Spaziergang in der Natur, ein schöner Moment mit Freunden oder leckeres Essen. Auch solche Momente zeigen Glauben im Alltag. Wenn man sie bewusst genießt, entdeckt man viel von Gottes Schöpferkraft und seiner Liebe uns gegenüber. Diese Momente füllen uns mit Dankbarkeit und helfen uns, die Beziehung zu ihm weiter zu vertiefen.
Sei ein #Alltagschrist!
Ich möchte dich ermutigen: Lebe deinen Glauben im Alltag! Erlebe, wie Jesus in jeder Sekunde an deiner Seite ist. Dieses Leben ist in meinen Augen mehr ein Erspüren und Wahrnehmen und in zweiter Linie erst ein Handeln. Er macht immer den ersten Schritt. Gemeinsam können wir dann entdecken, wie sich seine Linien durch unsere Biografien ziehen.
Seit geraumer Zeit nutze ich für meinen persönlichen Alltag mit Jesus schon ein Hashtag, nämlich den #alltagschrist. Damit markiere ich bei Instagram oder manchmal auch bei YouTube alle Momente, die ich dankbar aus Gottes Hand nehme und mit ihm erlebe. Das kann tatsächlich auch nur eine Schmuseeinheit mit meiner Katze sein.
Wenn du möchtest, beteilige dich doch einfach. Über das Hashtag können wir verbunden sein und uns gegenseitig entdecken. Eventuell willst du aber noch einen Schritt weiter gehen? Genau für dieses Thema gibt es einen eigenen Kanal auf Instagram. Wenn du Beiträge dort mit @alltagschrist verlinkst, werden sie auf diesem Kanal repostet, so dass an einem einzigen Ort eine spannende Sammlung entsteht. Sei dabei und entdecke ganz neue Bereiche deines Glaubens…
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