Jeder Christ hat eine besondere geistliche Gabe.1 Das heißt, eine besondere Fähigkeit von Gott verliehen bekommen. Die Gaben des Geistes können sehr profan, aber auch total abgefahren sein. Schon vor einiger Zeit habe ich einen Artikel geschrieben, wie man diese Gaben entdecken kann. In diesem Beitrag soll es nun darum gehen, was hinter diesen Gaben steckt.
Die Gaben des Geistes werden im Griechischen als „Charismen“ bezeichnet, das bedeutet übersetzt „Gnadengaben“. Damit wird ausgedrückt, dass der Empfang einer Gabe aus reiner Gnade geschieht, also als Geschenk, ohne eigene Leistung oder Zutun. Gaben des Geistes sind also weder Belohnungen für besonders christliche Leistungen oder Auszeichnungen für spezielle Christen. Sie gehören zum Leben als Christ grundlegend dazu.
Begabungen für die Gemeinde.
Die Ausführungen, die wir im Neuen Testament finden, sprechen von geistlichen Gaben immer in einem bestimmten Zusammenhang.2 Ausnahmslos geht es nämlich um die christliche Gemeinde. Der Geist verleiht einem Christen also eine oder mehrere Gaben, damit er der Gemeinde etwas geben kann. So können alle Mitglieder dazu beitragen, den individuellen Auftrag der Gemeinde zu unterstützen.
Bei genauerer Betrachtung stellt sich heraus, dass unterschiedliche Gemeinden unterschiedlich begabt sind, je nachdem in welchem Umfeld sie arbeiten und welchen Menschen sie begegnen. Während die Gemeinde in Rom offenbar große Stärken in gegenseitiger Unterstützung im praktischen Alltag und Glaubensleben hatte,3 lesen wir von der Gemeinde in Korinth große Begabungen in Bereichen, die wir als übernatürlich bezeichnen würden.5
Welche Gaben gibt es?
Es gibt im Neuen Testament nirgends umfassende Kataloge von christlichen Eigenschaften, moralischen Vorstellungen oder eben einzelnen Gaben. Christsein findet immer vor Ort statt, in einer einzigartigen Kultur mit individuellen Menschen. Neben den oben erwähnten Bibelstellen aus dem Römerbrief und dem ersten Korintherbrief finden sich in Epheser 4 und 1. Petrus 4 noch einzelne Beschreibungen von geistlichen Begabungen.
Insgesamt zeigt sich eine ungeheure Vielfalt. Der Heilige Geist ist aber nicht an bestimmte Begriffe oder Aufzählungen aus dem Neuen Testament gebunden. Schon gar nicht hängt er davon ab, wie wir heutzutage bestimmte Vokabeln füllen. Ich möchte das an einem Beispiel festmachen:
Im Neuen Testament wird die Gabe der Prophetie beschrieben. Nun kann man auf die Suche gehen und verschiedene Wesenszüge von Prophetie in der Bibel finden. Besonders im Alten Testament werden ja eine ganze Reihe von Propheten vorgestellt. Eines fällt aber auf: Kein Prophet und keine Prophetin ist wie der/die andere. Jede/r hat bestimmte Eigenarten, ist sogar ein wenig anders begabt. Es gibt sogar unterschiedliche Vokabeln im hebräischen für unterschiedliche prophetische Begabungen. Warum also sollte eine prophetische Begabung im 21. Jahrhundert sich in ein exaktes theologisches Raster, welches auf zwei Din A5 Seiten beschrieben wird, pressen lassen?
Auf dieser Grundlage habe ich schon vor längerem in dem Artikel „Begabungen entdecken“ eine viel umfassendere Auflistung aufgenommen. Manches mag eventuell viel zu profan erscheinen, es kann aber eine große Hilfe auf der Suche nach der eigenen Begabung sein.
Kommt jede Begabung vom Geist?
Immer wieder unterscheide ich zwischen „begreifbaren“ und „unerklärbaren“ Gaben.
Begreifbare Begabungen
Begreifbare Begabungen sind beispielsweise Kreativität, handwerkliche Begabung, Musikalität, Gastfreundschaft, Organisation, Leitung oder viele andere. Solche Begabungen sind nicht unbedingt nur bei Christen anzutreffen. Auch Nichtchristen sind kreativ oder musikalisch. Ein derartiges Talent ist aber nicht automatisch auch eine Gabe des Geistes.6 Wie eben schon erwähnt, dienen die Gaben dem Aufbau und der Unterstützung einer Gemeinde. So wird ein natürliches Talent dann als Gabe bezeichnet, wenn es für eine Aufgabe in der Gemeinde eingesetzt werden soll.
Unerklärbare Gaben
Unerklärbare Gaben nennt man solche, die etwas „wunderhaftes“ an sich haben, etwas wissenschaftlich nicht erklärbares, etwas übernatürliches. Solche Gaben sind beispielsweise Zungenrede oder Prophetie, Krankenheilung, Geisterunterscheidung oder Befreiung von dämonischen Bindungen. Auch solche Gaben schenkt der Heilige Geist und die Kirchengeschichte ist voll von Biografien, die derartige Gaben geschenkt bekommen haben und genutzt haben.7
Leider gab es in der Kirchengeschichte eine Zeit, die stark von Vernunft geprägt war. Derartige unvernünftige Begabungen wurden dann an den Rand gedrängt und kaum bis gar nicht mehr beachtet. Einige Christen behaupteten sogar, übernatürliche Begabungen wären seit dem Abschluss des neutestamentlichen Kanons nicht mehr zugeteilt worden.8 Es ist ein großer Fehler, eine Begabung als übernatürlich oder nichtexistent abzulehnen, weil sie nicht in das aktuelle Weltbild passt.
Noch ein Beispiel:
Die Gabe der Krankenheilung habe ich schon oft erlebt. Heutzutage gibt es viele neue Erkenntnisse, dass ein Heilwerden an Seele und Geist auch Auswirkungen auf den Körper hat und Selbstheilungskräfte freisetzt. Nur weil die westliche Medizin sich über Jahrhunderte derartigen Beobachtungen widersetzt hat und spezielle Forschungen auf Grund der eingeschränkten Experimentiermöglichkeiten am lebenden Menschen nur vereinzelt möglich sind, sollte die Gabe der Krankenheilung nicht direkt als übernatürlich oder rein wunderhaft abgetan werden.9 Manche Gaben sind aktuell vielleicht unerklärbar. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht existieren.
Was macht man nun mit einer Begabung?
Heutzutage konzentrieren sich viele Menschen auf ihre Fehler und Macken. So oft begegne ich Menschen, die in Brüchen ihrer Biografie hängen und auf der Suche nach einem wie auch immer gearteten Heil sind. Vollends bin ich aber noch nicht überzeugt, dass ein solches Heil und vollkommene Freiheit in diesem Leben möglich sind.
Aus dem Blickwinkel der Gaben des Geistes ergibt sich auf jeden Fall ein anderes Bild. Wenn die Begabung für die Gemeinde geschenkt wird, sollen wir sie einsetzen. Der Auftrag, der sich ergibt lautet also:
Einzelne Begabungen weisen auf konkrete Aufgaben. Wenn du etwas in dir entdeckst, wird es für etwas gut sein. Nutze dein Potential. Probiere dich aus, entdecke deine Stärken und Möglichkeiten. Suche dir einen Raum in der Gemeinde, um mitzumachen und anzupacken. Wenn dich keiner in der Arbeit haben will, weil du vielleicht zu bunt scheinst oder deine Nase anderen nicht passt, suche dir eine andere Gemeinde. Gaben sind zum Ausleben da, nicht zur Aufbewahrung!
Zum Schluss aber noch ein kleiner Nebengedanke: Drehe mir bitte nicht die Worte im Mund rum und drücke dich mit meiner Argumentation vor bestimmten Dingen. So oft schon hörte ich den Spruch, man hätte keine Begabung des Kloputzens oder man wäre einfach nicht der Typ, um anderen etwas von Jesus zu erzählen. Das ist natürlich Quatsch! Manches gilt für alle, unabhängig von der Begabung…
Welche Gaben stecken in dir?
Hast du schonmal einen Test gemacht? Ein letztes Mal verweise ich auf meine kleine Aufstellung, die ich auf diesem Blog veröffentlicht habe. Fang an, dich selbst zu entdecken. Probiere dich aus und erforsche die Kraft, die der Heilige Geist in dein Leben gelegt hat.
Wenn du magst, lass mir gerne einen Kommentar da. Ich freue mich zu hören, was du über dieses Thema denkst…
- Was ist eigentlich der Heilige Geist?
- Was hat die Pfingstbewegung mit dem Heiligen Geist zu tun?
- Was ist die Sünde wider den Heiligen Geist?
- Kann man den Heiligen Geist wieder verlieren?
- Woher weiß ich, dass ich den Heiligen Geist habe?
- Was ist die Frucht des Geistes?
- Schau mal in 1. Petrus 4,10.
- Die beiden wesentlichen Bibelstellen sind Römer 12 und 1. Korinther 12.
- Römer 12
- Es kommen also nicht alle Begabungen in jeder Gemeinde vor. Dem Geist geht es nicht um Vollständigkeit oder gar Parität! Es geht immer um bestimmte Menschen an einem bestimmten Ort und eine bestimmte Gemeinde.4Diese Beobachtung ist äußerst wichtig, wenn wir uns in einiger Zeit mit Ansprüchen von Christen beschäftigen werden, die sich als äußerst charismatisch bezeichnen und behaupten, nur bestimmte Gaben würden eine Erfüllung mit dem Geist beweisen…
- Achte auf den Unterschied in der Wortwahl zwischen Gabe und Talent!
- Eigentlich müsste ich das oben im Text länger ausführen, aber ich traue mich noch nicht ganz. Auch diese unerklärbaren Gaben kommen unabhängig vom Geist Gottes als Talente vor. Nur weil jemand also Wunder tun kann, muss das noch lange nicht vom Geist kommen. Unsere Welt ist voll von Esoterikern und Okkultem. Es geht also nicht darum, dass Begabungen ausschließlich durch den Geist kommen. Es geht darum, dass Gott seine Gemeinde mit allem beschenkt, was sie braucht!
- Sie berufen sich auf eine Fehlinterpretation von 1. Korinther 13,8f. Hier redet Paulus aber eschatologisch, blickt auf das Ende der Zeiten, nicht auf eine konkrete Zeit innerhalb der Kirchengeschichte. Wer behauptet, es gäbe keine übernatürliche Begabung in der Welt, sollte mal eine Esoterikmesse besuchen – Achtung, das war sarkastisch…
- Diese Gedanken wurden von Wilfried Härles Dogmatik, S. 380f³, inspiriert…
[…] der Geistestaufe. Es wurden Veranstaltungen gefeiert, in denen nicht nur Zungenrede, sondern auch weitere unerklärbare Gaben ausgelebt werden […]