Durst! Ein unscheinbares Wort. Alltäglich, menschlich, zutiefst normal. Trotzdem ein Wort mit einer weitreichenden Bedeutung. Warum sagte er das? Warum noch einen Schluck trinken, bevor er das Totenreich betritt? Warum „mich dürstet“?
Man kann verschiedene Bilder der Kreuzigung im Kopf haben. Einige sind geprägt von mittelalterlichen Gebilden. Andere beeinflusst von Mel Gibsons Meisterwerk. Realitätsnah sind viele der Abbildungen sicher, absolut realistisch und historisch korrekt aber auf keinen Fall. Wir können davon ausgehen, dass die Qualen und Strapazen weit über unsere Vorstellungskraft hinausgingen.
Manche Detail-Informationen fehlen uns leider. Wir wissen nicht, was genau abgelaufen ist. Einige Methoden der Römer dürften so grausam gewesen sein, dass wir sie überhaupt nicht denken können.
Manche sprechen davon, Jesus hätte wegen der Folter tierischen Durst gehabt, deswegen rief er „mich dürstet“. Gleichzeitig dürfen wir vermuten, dass er nach dem letzten Passahmal und ersten Abendmahl durchaus gesättigt gewesen sein dürfte. Durst, wie nach Tagen in der Wüste ist unwahrscheinlich.
Andere denken an den Durst nach der Ewigkeit – als wenn Jesus es leid sei, auf der Erde zu leben. Aber ist Jesus ein Mensch, der uneindeutig und in Rätseln sprach? Nein, seine Geschichten und Gleichnisse waren zwar bildreich – aber nicht unverständlich oder gar irreführend. Was er sagte, das meinte er auch.
Am Kreuz starb ein echter Mensch mit echtem Durst!
Durst, obwohl man in Kürze sterben wird. Ist so etwas göttlich? Warum sagt er „mich dürstet“? Das scheint irrational. Das kann doch nicht von einem göttlichen Wesen mit Weisheit und dem allumfassenden Durchblick kommen – oder?
Doch selbstverständlich! Der Tod ist auch für Gott eine gewaltige Grenze. Es geht um den einen Punkt im Leben, der alles in die Schranken weist.
Jesus hat diesen Punkt erlebt. Er hat ihn durchlebt. Am Kreuz starb nicht nur der starke Gott, der über allem steht. Dort starb auch der Mensch, durch den Gott sich uns persönlich vorgestellt hat. Am Kreuz geht es um zutiefst menschliches Erleben. Es geht um die Tatsache, dass wir alle sterben, dass unser Leben begrenzt ist, wir ohne profane Dinge, wie Trinken, nicht weit kommen.
Das Kreuz ist keine Geschichte von Macht und Kraft. Es ist die Erzählung von totaler Ohnmacht, absoluter Auslieferung, endgültiger Aufgabe – für uns. Durst war dabei sicher nur ein Nebeneffekt – aber einer, der eine tiefe Botschaft für uns hat.
Er, Jesus hat alles gegeben…
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